Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Politik und Wirtschaft in Thailand
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Waitong
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#1 Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Beitrag von Waitong »

Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Im Jahr 2011 beschloss die thailändische Regierung ein Programm zum unlimitierten Ankauf von ungeschältem Reis für einen weit über dem Marktpreis liegenden Festpreis. Von diesem Programm gehen diverse problematische Effekte aus, analysieren unsere Experten aus Südostasien.


Nr. 11 / 2013 | Jan Seidel und Dr. Rainer Adam | Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Im Jahr 2011 beschloss die thailändische Regierung ein Programm zum unlimitierten Ankauf von ungeschältem Reis für einen weit über dem Marktpreis liegenden Festpreis. Von diesem Programm gehen diverse problematische Effekte aus, die den Status Thailands als führender globaler Reisexporteur gefährden. Die Auswirkungen umfassen u. a. die Verzerrung des Wettbewerbs und der Faktorallokation, die Veränderung der speziellen Intensität und der Fruchtfolge, steigende Pachtkosten, Qualitätsverschlechterung, Lagerungsprobleme, die Abwanderung von Exportunternehmen und steigende Korruption. Die Regierung monopolisiert den Reismarkt, die Marktteilnehmer werden abhängig von der Politik. Die prognostizierten fiskalischen Verluste stehen in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen des Programms, das angeblich beabsichtigt, die soziale Ungleichheit in Thailand zu mindern. Tatsächlich profitieren insbesondere Landwirte mit großen Flächenausstattung, Inhaber von Getreidemühlen, Getreidehändler, Schmuggler und einige wenige Exporteure.


Thailands Landwirtschaft und der Markt für Reis

Thailand konnte mit seiner stark an Exporten orientierten Wirtschaft nach Überstehen der Asienkrise von 1997 ein stetiges Wachstum von durchschnittlich vier Prozent pro Jahr im Zeitraum 2000 bis 2007 erreichen... http://www.freiheit.org/Hintergrundpapi ... index.html
Dieser sehr fundierte Bericht ist fuer jeden ernsthaft Interessierten , mit Bezug zu Thailand, von Bedeutung. Hier wird deutlich was wem nuetzt und wem es schadet...


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plaaloma
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#2 Re: Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Beitrag von plaaloma »

Die Regierung monopolisiert den Reismarkt,...
Der Reismarkt in Thailand ist schon laenger monopolisiert. Dagegen spricht grundsaetzlich nichts.
Das ist in vielen Laendern mit den Genossenschaften nicht anders.
Diese Genossenschaften duerfen natuerlich die Bauern nicht uebern Tisch ziehen und verdeckte Gewinne illegal "abzweigen".
Bedenklich und menschlich verwerflich war die Spekulationsabsicht mit Nahrung!
Tatsächlich profitieren insbesondere Landwirte mit großen Flächenausstattung, Inhaber von Getreidemühlen, Getreidehändler, Schmuggler und einige wenige Exporteure.
Solche Informationen werden vermutlich den redshirts vorenthalten. :sauer:
Aurillac
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#3 Re: Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Beitrag von Aurillac »

Selten eine so fundierte Analyse die es wirklich in sich hat gelesen.
Vier Seiten vernichtende Beschreibung der PT-Politik.

Sollte man unbedingt komplett durcharbeiten.
Am meisten hat es die dritte Seite in sich.

Das Fazit stell ich mal extra hier ein.

Fasst man die oben dargestellten Effekte zusammen, so lässt sich folgendes Fazit ziehen:

1. Mit dem Reisankaufprogramm bezweckte die Regierung, die Einkommenslücke zwischen Bauern und Beschäftigten in Industrie und Dienstleistungssektor zu verringern. Anstatt jedoch mehr Geld für die Steigerung der ländlichen Produktivität zur Verfügung zu stellen und die Anreize für einen Berufs- und Ortswechsel zu erhöhen, unterstützt das Programm nur den derzeitigen Status Quo in der Landwirtschaft. Die Regierung löst damit ein populistisches Wahlversprechen an die Landwirte ein, die ihr als Legitimationsgrundlage dienen und auf deren Unterstützung sie in den Wahlen angewiesen zu sein glaubt.

2. Die Regierung monopolisiert den Reismarkt, indem sie alle Schritte der Wertschöpfungskette, von Ankauf über Lagerung bis zum Verkauf, kontrolliert und steuert. Reisverarbeiter und Reishändler werden so abhängig von ihren Beziehungen zu Regierungsbeamten, der marktwirtschaftliche Wettbewerb wird eingeschränkt und knappes Produktionskapital in großem Stil falsch allokiert. Die staatlichen Verkaufsgeschäfte selbst sind dabei in höchstem Masse intransparent.

3. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Thailands nimmt zunehmend Schaden, wie sich u.a. an den deutlich gesunkenen Reisexporten ablesen lässt. Das Programm hat zudem diverse ökonomische Fehlanreize gesetzt, die für das Sinken der Reisqualität, den exzessiven Ausbau von Anbauflächen ohne Produktivitätssteigerung, eine ökonomisch bedenkliche spezielle Intensität mit erhöhten Pestizid- und Düngemitteleinsatz, erhöhte Pachtpreise, ein verzerrtes Anbauprogramm mit einseitiger Fruchtfolge und die Abwanderung von Exportunternehmen in umliegende Länder verantwortlich zeichnen.

4. Die prognostizierten volkswirtschaftlichen Verluste stehen in keinem Verhältnis zum angeblichen Nutzen des Programms und tragen mit anderen Subventionsprogrammen zum steigenden Schuldenstand Thailands bei. Die stark gewachsenen Einlagerungsmengen überfordern schon heute die Verwaltungsstellen und setzen die Regierung unter erheblichen Druck, den Reis schnellstmöglich zu verkaufen oder anders zu beseitigen.

5. Der tatsächliche Nutzen für die Landwirte relativiert sich bei einer differenzierten Betrachtung. Vor allem profitieren wohlhabendere Bauern mit großen Anbauflächen während die ärmsten Subsistenzbauern gar keinen Zusatznutzen ziehen können. Profiteure sind des Weiteren einflussreiche Getreidemühlen, einige Händler und lokale Politiker.

6. Zahlreiche Korruptionsfälle haben die gefährliche politische Manipulierbarkeit des Programms zu Tage treten lassen, das die Bauern langfristig zu Almosenempfängern degradiert.

Behält man diese Fakten im Blick, wird deutlich, dass von der staatlichen Rhetorik, auf diese Weise „soziale Gerechtigkeit“ zu etablieren, am Ende nicht mehr viel übrig bleiben kann. Bei jenen armen Bauern, die am ehesten auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, kommt der geringste Teil der Leistungen an. Die Regierung schadet sich mit diesem ökonomisch unvernünftigen Programm langfristig selber, indem Exportchancen vertan, Qualitäts- und Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft unterlaufen und erhebliche Anreize für Korruption geschaffen werden. Wie sich am Beispiel Thailand erneut zeigt, verursachen produktgebundene Subventionen über dem Marktpreis erhebliche volkswirtschaftliche Kosten und verdrängen den Anbau anderer Produkte.

Der thailändische Ökonom Setboonsarng hat im Jahr 1996 drei Hauptgefahren für die thailändische Reisindustrie formuliert: 1) einen zunehmenden internationalen Wettbewerb, 2) ansteigende Produktionskosten und 3) die Verschlechterung ökologischer Bedingungen. Alle drei Gefahren werden durch das Programm nicht gemindert, sondern im Gegenteil verstärkt. Erstens nimmt Thailands Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich weiter ab während die globale Nachfrage sinkt und der globale Wettbewerb zunimmt. Zweitens steigen die Produktionskosten durch neue Mindestlöhne und erhöhte Preise für Grundbesitz und Pacht sowie Insektizid- und Düngemittel weiter an. Drittens werden Anreize für eine intensive Ausbeutung des Agrarlandes gesetzt.
Forenbeitrag der ausreichte fuer einen Durchsuchungsbeschluss bei einer deutschen Tageszeitung um die Identitaet des Users zu ermitteln..

"Dieser Ullrich verbietet sogar Familienvaetern ihr Feierabendbier. Das ist Rechtsbeugung"
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plaaloma
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#4 Re: Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Beitrag von plaaloma »

Ja, wirklich ein guter Bericht. Kann nicht mehr nachvollziehen, warum ich das damals nicht ausgewertet hatte.
Wahrscheinlich war ich damals genauso muede wie heute.
Werde das aber im Reisthread nachholen. :oops:
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bukeo
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#5 Re: Thailand: Agrarpolitik in der Sackgasse

Beitrag von bukeo »

den gesamten Bericht findet man hier:

http://www.freiheit.org/Hintergrundpapi ... index.html
Besuche auch unseren Blog: http://www.schoenes-thailand.at
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